Onyx Zhou
Newbie

Man sagt, er war schon immer anders als andere in seinem Alter. Still und ruhig, vielleicht auch etwas eigen. Onyx ist der Typ, der lieber denkt als redet. Der Fragen stellt, für die andere keine Antworten haben – oder lieber keine geben. Der Dinge weiß, die er eigentlich gar nicht unbedingt wissen dürfte. Schon früh attestierte man ihm einen überdurchschnittlichen IQ – ein seltenes Talent, sagten damals die Lehrer. Ein Ticket raus aus dem Chaos, meinten die Schulsozialarbeiter. Doch Talent zahlt keine Studiengebühren. Und Träume alleine reichen eben nicht. Dabei wollte der inzwischen 18-Jährige nie besonders sein. Was er wollte, war nur eine faire Chance. Aber in einem Zuhause, wo Zuneigung oft unter Drogen, Schweigen, Schulden und Scham verschüttet liegt, bleibt für faire Chancen leider wenig Raum. Seine älteren Geschwister stemmten, was sie konnten – er selbst zog lange Zeit die Rolle des Unbeteiligten vor. Vielleicht war es Trotz. Vielleicht Flucht. Vielleicht einfach der leise Wunsch, nicht auch noch einer zu sein, der sich selbst für andere aufgibt. Lieber verschwand er hinter Büchern, Bildschirmen, Gedanken. Nicht, weil er seine Familie nicht liebt – sondern weil Nähe irgendwie nie einfach war. Onyx ist der jüngste Sohn der Zhous – aber der ältere Zwilling. Ein paar Minuten nur, aber manchmal fühlt es sich an wie eine ganze Welt. Jade versteht ihn zwar besser als die meisten, doch trotzdem sagt er auch ihr nicht immer alles. Die Familie gleicht einem ewigen Durcheinander aus Lärm, Loyalität und ungelösten Konflikten und jeder Raum der zu kleinen Wohnung scheint voller Geschichten, die keiner mehr erzählen will. Kein Wunder, dass Onyx Abstand hält. Reizüberflutung ist sein Grundzustand. Rückzug seine Art, zu überleben. Seine Blicke sind kälter geworden, seine Worte schärfer. Die Haare bunt, die Schultern hochgezogen und die Hände oft tief in den Taschen vergraben. Er wirkt wie jemand, der nichts zu verlieren hat – dabei ist ihm alles wichtiger als je zuvor. Er will raus. Studieren. Endlich ein Leben, das ihm gehört. Ein Teilstipendium hätte er. Doch der Rest fehlt – wie so oft. Und wer lange genug gegen verschlossene Türen rennt, der fängt wohl irgendwann an, andere Wege zu suchen. Auch wenn man dabei Stück für Stück Teile von sich selbst aufgibt.
